Wir sind so durch den Wind

Rückblick aufs BAP-Konzert

Letzten Mittwoch, also am 1. Juni 2016, war ich mit einem Freund in einem Livekonzert der Kölner Gruppe BAP, und zwar handelte es sich um ein Konzert der Jubiläumstour zum vierzigjährigen Bestehen der Band (wenngleich von den Urmitgliedern außer Wolfgang Niedecken niemand mehr dabei ist). Mein Freund hatte nämlich zwei Karten durch ein Gewinnspiel des WDR gewonnen, und ich war der glückliche Auserwählte, der mitgehen durfte. Das Konzert dauerte ca. dreieinhalb Stunden, und zwar ohne Pause, das muss man sich mal vorstellen! Die Band spielte vorwiegend rockig, nur ein Block von vier sehr ruhigen Liedern zwischendurch langweilte mich ein bisschen. Und als Gäste kamen erst Nena und ziemlich am Ende Hans Süper, den die Kölner natürlich aus dem Karneval kennen, auf die Bühne.

BAP-Jubiläumskonzert

Die Stimmung der Musiker und der Zuhörer war super und insgesamt war es also ein gelungenes Konzert. Allerdings – es fand in der Lanxess-Arena statt, und das ist wohl eher eine Sport- als eine Konzerthalle. Kurzum, der Sound war grottenschlecht. Schade, sehr schade. Denn vor zwei Jahren hatte dieser Freund von mir auch schon mal Karten für BAP gewonnen, und auch damals schon war ich mitgenommen worden. Aber das fand damals in der Kölner Philharmonie statt. Nun, diese Halle ist natürlich speziell für Konzerte gebaut worden, ein altehrwürdiges Gebäude war das. Dort war der Sound einwandfrei.

Na ja, dafür kann man dort keine Sportwettbewerbe abhalten. Ist auch besser so. Konzerthallen sollten Konzerthallen sein und Sporthallen Sporthallen – und weiter gar nichts.

Zitat der Woche: Gewinn der Schokoladenhersteller

»Während der Gewinn der Schokoladenhersteller seit Jahrzehnten immer weiter wächst, und diese vom Preis einer Tafel Schokolade 70 Prozent kassieren, ist der Gewinnanteil der Bauern immer weiter gesunken: von 18 Prozent 1980 auf jetzt gerade mal sechs Prozent.«

– Sabine Herre, Slow Food Magazin 2015 Dezember/Januar

Das Spam-Krokodil

97 Prozent des gesamten E-Mail-Verkehrs sollen Spamnachrichten sein – ob die Zahl stimmt, weiß ich natürlich nicht, aber das Spamaufkommen ist schon gewaltig, wie ich aus eigener leidvoller Erfahrung bestätigen kann. Und wenn die geplagten Empfänger alles, was mit Viagra, Medikamenten, Sex und schnellem Reichtum zu tun hat, ausgefiltert haben und die Spammer damit keinen Blumentopf mehr gewinnen können, nun, dann denken sie sich etwas Neues aus. Zur Zeit sind es Arbeitskräfte aus Litauen oder was weiß ich woher. Und die Betreffzeilen enthalten immer mehr normale Wörter, also Alltagswörter, sodass das Filtern immer schwieriger wird.

Spam und unangeforderte Werbung per E-Mail zu versenden, ist in Deutschland zwar verboten, aber dennoch erhalte ich bisweilen Werbepost, etwa von deutschen Unternehmen, die auf ihre Dienstleistungen oder Produkte aufmerksam machen wollen. Eine Geschäftsbeziehung besteht nicht und Infomaterial habe ich auch nicht bestellt, also ist der Versand illegal. Und solche elektronische Post kann man an das Spam-Krokodil weiterleiten. Wie dann weiter damit umgegangen wird, kann man auf der Website genau nachlesen. Dieser Dienst wird betrieben von 2beta Holding GmbH in Berlin.

Insgesamt finde ich das eine gute Sache. Ich habe unerlaubte Werbung bisher auch schon an die Wettbewerbszentrale und die Internet-Beschwerdestelle gemeldet. Der Punkt ist nur der: Der größte Teil des Spams, den ich erhalte, kommt aus dem Ausland. Und in dem Fall sind deutsche Behörden, Rechtsanwälte und Dienstleister leider weitgehend machtlos.

Gefühlt

Was ist das heutzutage für ein Schwachsinn, alles Mögliche als »gefühlt« zu bezeichnen? Das Thermometer zeigt zum Beispiel zwanzig Grad Celsius an, aber »gefühlt« sind es dreiundzwanzig oder siebzehn oder was auch immer. Sogar laut Wetternachrichten. Ja, und? Konkreter wäre es doch, zusätzlich zur Temperatur die Luftfeuchtigkeit anzugeben. Denn jeder weiß doch: Warmes Wetter plus hohe Luftfeuchtigkeit gleich puh und kaltes Wetter plus hohe Luftfeuchtigkeit gleich brr, während einem die Temperatur bei geringer Luftfeuchtigkeit gemäßigter und angenehmer vorkommt.

Und diese »gefühlte« Unsitte hat um sich gegriffen und treibt nun in allen Bereichen ihr Unwesen. Der Weg von der Bushaltestelle zum Supermarkt ist »gefühlt« mindestens, wenn nicht noch mehr. Das Kleid im Schaufenster ist »gefühlt« aber viel zu teuer. Ein Paar mag exakt siebzehn Jahre, drei Monate und fünf Tage zusammen sein, aber »gefühlt« sind es …

Niemand sagt anscheinend mehr: »Es kommt mir so vor, wie …«, »Ich habe den Eindruck, dass …« oder »Ich empfinde es, als wäre es …«. Das alles ist wahrscheinlich viel zu umständlich formuliert. Da braucht man ja »gefühlt« eine Ewigkeit, um einen einfachen Satz zu sagen.

Zitat der Woche: Die Profite

»Die Profite landen bei wenigen großen Konzernen, die den Markt weltweit beherrschen. Einfache Bauern und Landarbeiter sind die Verlierer des industrialisierten Anbaus.«

– Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland

Leicht und frei

»[…] müssen digitale Impulse in smarte Angebote umgewandelt werden, um Kunden ein leichteres und freieres Leben zu ermöglichen.«

– Aus der Werbeanzeige einer Direktbank

Klar, dass man mit der Zeit gehen und sich den Trends beugen muss, will man Geschäfte machen. Nur – muss man die digitalen Errungenschaften gleich so glorifizieren? Ja, die Digitaltechnik erleichtert einem so manches oder macht es zumindest schneller und bequemer. Aber Freiheit? Was hat Digitaltechnik mit Freiheit zu tun?

Nicht viel. Im Gegenteil, es werden neue Süchte erzeugt. Viele Menschen können ja gar nicht mehr anders, als aufs Display des Smartphones zu glotzen, in jeder Lebenslage, egal ob im Restaurant, auf dem Klo oder auf der Straße. Die rempeln dich ja an oder laufen vor Laternenmasten, weil sie nichts mehr mitkriegen von der echten Welt. Das Essen im Gasthaus wird nicht genüsslich verspeist, sondern fotografiert und zu Facebook oder Flickr oder Instagram hochgeladen, wie unter Zwang. Freiheit? Nein, das ist Suchtverhalten.

Den ganzen digitalen Scheiß als Freiheit zu glorifizieren, ist so, als würde man Drogen verherrlichen. Ich weiß, manche Leute tun das. Die, die selber abhängig sind.

Freiheit? Wenn man zwanghaft immer das neueste Gerät haben muss, die neueste Hardware und Software? Wenn man nicht mal in gemütlicher Runde im Freundeskreis es unterlassen kann, auf die ganzen beschissenen Nachrichteneingänge zu reagieren? Wenn Menschen nicht mehr fähig sind, eigenständig einzukaufen, sondern den Schatz zu Hause anrufen und fragen müssen, ob der Preis auch wirklich gut ist oder man dieses oder lieber jenes einkaufen soll?

Ich schließe mich ja nicht aus, denn natürlich nutze auch ich die moderne Technik in bestimmtem Umfang. Aber ich deklariere den Umgang damit nicht als Freiheit. Sondern als das, was er ist: Segen und Fluch zugleich, Erleichterung und Erschwerung, Zeitersparnis und Zeitaufwand, Sinnhaftigkeit und Schwachsinn.

Ein freieres Leben – das wären für mich nicht noch mehr digitale Dienstleistungen, sondern das wäre die Befreiung von der Herrschaft der Großkonzerne, die immer mehr Branchen durchdringen und immer mehr Lebensbereiche bestimmen, von der Technik bis zur Nahrungsmittelversorgung. Aber das ist ein anderes Thema.

Plattform für kabarettistische Hörbücher

So, Freunde der Satire und des politischen und unpolitischen (kann es das geben?) Kabaretts: Ich habe gerade einen Webshop gefunden, der sich genau darauf spezialisiert hat. Für rund zehn Euro könnt ihr und kann ich Hörbücher diverser Kabarettisten als MP3-Download bekommen. Und das geht, ohne dass man sich anmelden muss, die Dateien sind ohne Kopierschutz und es muss keine Extra-Software installiert werden.

Link: http://wortart.hoebu.de/

Und noch was: Lasst die Finger von Amazon, unterstützt lieber die Händler-Vielfalt!