Wir sind so durch den Wind

Martinisingen

Als ich Kind war, war noch das Martinisingen oder Martinssingen oder, wie es bei uns heißt, das Märtensingen angesagt. Da musste man sich schon ein bisschen anstrengen und einen zumindest erträglichen Kindergesang abliefern, um Süßigkeiten, Früchte und Krimskrams abzusahnen. Die Laternen waren möglichst selbst gebastelt, mit echtem Teelicht darin. Irgendwie romantisch, gell?

Und heute? Ist Halloween dazu gekommen. Es muss ja auch jeder US-amerikanische Müll hier eingeführt werden. Ja gut, die Kinder haben ihren Spaß mit ihren Gruselverkleidungen, das ist ja in Ordnung. Aber trotzdem. Langsam nerven diese ganzen Feste. Ich finde schon Ostern und Weihnachten, diesen christlichen Schwachsinn, der einfach aus heidnischen Festen adaptiert wurde, ziemlich unerträglich. Ja, und mit dem muslimischen Zuckerfest kann ich noch weniger anfangen. Auch so ein religiöser Scheiß.

Als Kind war ich halt noch geprägt von christlicher Erziehung und so. Da war ein Laternenfest zu Ehren des mildtätigen Sankt Martin ja eine tolle Sache. Aber dann müsste man allen guten Menschen, nicht nur Bischöfen und so was, ein Fest geben. Sagen wir mal: Albert Schweitzer, Mutter Theresa, Mahatma Gandhi, Martin Luther King und vielen, vielen weiteren korrekten Menschen. Jedem eigentlich, der Hilfsgüter in Krisengebiete fährt. Oder eine gemeinnützige Stiftung gegründet hat. Am besten frühstückt man jedoch alles an einem Tag ab, sonst nimmt es überhand.

Aber Halloween? Scheiße, nein.

Halloween

Gestern war ja Halloween. Und da haben doch tatsächlich so ein paar Blagen mit Müttern bei mir geschellt. Ich hab mich aber tot gestellt und nicht aufgemacht. Ich hatte sowieso keine Süßigkeiten im Schrank. Und wenn ich welche gehabt hätte, was selten genug vorkommt, hätte ich sie alleine aufgefressen, in trauter Einsamkeit, also nur ich und ich.

Und ich. Und ich. Und ich.

Ich Egoschwein.

Hochleistung kommt vor dem Fall

Aaaach … es ist doch keine Leistungsgesellschaft …

Nein, es ist eine HOCHLEISTUNGSgesellschaft, eine HYPERLEISTUNGSgesellschaft, eine FUCKgesellschaft, eine SCHEISSgesellschaft.

Und wenn ich dann in den Wald gehe, spazieren gehe, um mich zu entspannen, um den Kopf frei zu kriegen, um Ruhe zu haben, dann kommen entweder diese klappernden Nordic-Walking-AFFEN oder diese FUCKhundehalter mit ihren verFICKten SCHEISSkötern, die wie bekloppt rumkläffen, diese psychopathischen DRECKSviecher.

Warum essen wir sanfte, leise grunzende Schweine und zaghaft muhende Kühe und fressen nicht diese bellenden, kackenden, aggressiven, überall rumschiffenden SCHEISSköter?

Aaaaaah, langsam, langsam – ich mag ja Hunde. Manche. Es gibt viele freundliche Hunde; beim Spazierengehen kommen oft Hunde auf mich zu und wollen mich begrüßen, ganz ohne Gekläff, völlig ohne Aufstand, total entspannt, absolut stressfrei. Das ist super in Ordnung, ich mag diese Tiere, ich beuge mich nieder und streichele sie. Absolut gut, diese Geschöpfe. Die Hundebesitzer wollen ihre Liebchen zurückhalten, aber ich sage dann immer: »Nein, nein, lassen Sie doch, der ist doch nur freundlich, das ist doch in Ordnung.« Und sowohl Hund als auch Mensch freuen sich dann.

Doch – zurück zum Thema – wenn Menschen sich vom anstrengenden und psychisch belastenden Arbeitsalltag entspannen wollen, weil sie völlig überlastet sind, und das nicht können, weil es kaum Möglichkeiten zum wirklichen Entspannen gibt oder die Ruhephasen zu kurz oder nicht ruhig genug sind, dann hat die Gesellschaft ein Problem.

Dann wird diese Hochleistungsgesellschaft tief fallen.