Mehl ins Getriebe

Auch Elektronik hat eine Seele und Emotionen

2018-09-02 von Torsten in Kategorie Dinkel im Winkel

Momentan ist es wie verhext: ich habe wenig bis gar kein Glück beim Verkaufen von alter Hardware über eBay. Nun gut, dass DDR-1-Speicherriegel für alte Desktop-PCs nicht weggehen würden, war mir schon so ziemlich klar, aber versuchen kann man es ja. Doch eine Sache macht mir zu schaffen, und davon will ich erzählen:

Ich hatte im Juli ein Acer-Netbook bei eBay ersteigert (ein Netbook ist, grob gesagt, ein kleines Notebook für weniger anspruchsvolle Aufgaben und mit Energie sparendem Prozessor). Ich benötigte aus diesem Gerät eigentlich nur die US-Tastatur für einen englischsprachigen Freund, der für eine Woche bei mir zu Besuch war. Diese Tastatur wollte ich in ein anderes Gerät umbauen. Alles ging gut, denn ich erhielt rechtzeitig das Gerät, das sich als in gutem Zustand befindlich herausstellte, von dem verkratzten Deckel einmal abgesehen. Nachdem mein Freund wieder abgereist war, machte ich mich also daran, das Gerät, in das ich inzwischen eine deutsche Tastatur eingebaut hatte, wieder über eBay zu verkaufen.

Das klappte auch, obwohl ich nicht den Preis erzielte, den ich mir eigentlich vorgestellt hatte. Doch nach Erhalt des Gerätes bemängelte der Kunde, das Betriebssystem würde sporadisch einfrieren, sodass sich weder Maus noch Tastatur bedienen lasse, und zwar insbesondere immer nach einer gewissen Zeit des Surfens im weltweiten Netz. Ich hatte vor dem Verkauf solch ein Fehlverhalten nicht feststellen können, sonst hätte ich es ja auch angegeben in der Artikelbeschreibung. Nun gut, was sollte ich machen, ich nahm also das Gerät zurück.

So, jetzt wird es ein wenig kompliziert und verworren. Ich hatte in der Zwischenzeit auch ein anderes Netbook aus meinen umfangreichen privaten Beständen verkauft und auch hier längst nicht den Auktionspreis erzielt, den ich haben wollte. Jedenfalls ersteigerte ich mir für den Erlös plus etliche Euro zusätzlich ein anderes Gerät mit etwas stärkerem Prozessor, aber leider nicht so schönem Äußeren. Egal, es ist an meinen HiFi-Verstärker angeschlossen und dient mir zum Abspielen von Musik, da ich meine Rock­musik­­­­­­samm­lung inzwischen auf externer Festplatte habe (die originalen CDs stehen allerdings immer noch im Regal – ich bin halt Jäger und Sammler). Anders gesagt, das Netbook soll seinen Zweck erfüllen – fürs visuelle Erscheinungsbild und zum »Vorzeigen« habe ich hübschere und auffälligere Geräte (nenne mich eitel, wenn du willst).

Worauf will ich hinaus? Ach ja, dieses neu ersteigerte Gerät hatte eine Tastatur mit einer defekten Taste. Ich wechselte also die Tastaturen des Gerätes, das ich verkaufen wollte, und diejenige aus dem Gerät, das mir zum Musik-Abspielen dient, gegeneinander aus und versuchte jetzt erneut, dieses reklamierte und von mir zurückgenommene Gerät per eBay loszuwerden, und zwar eben mit der leicht defekten Tastatur.

Und wieder hatte ich Pech. Der Preis ging einfach nicht in die Höhe, und letzten Endes erhielt der Freund, den ich gebeten hatte, mitzusteigern, um den Preis in die Höhe zu treiben, den Zuschlag (nenne mich einen Betrüger, wenn du willst). Dumm gelaufen, in der Tat. Kurzum, dieses Gerät, das ich sozusagen wie einen Hund aus dem Haus jagen wollte, klebt an mir wie Kaugummi oder Sekundenkleber oder so was.

Also gut, ich habe mich entschlossen, es nun eben für mich selbst zu behalten, wenn es halt so anhänglich ist. Nur – mit rechten Dingen geht das alles nicht zu, und so komme ich endlich auf den springenden Punkt, den ich ja schon in der Überschrift genannt habe, zu sprechen: Es kann angesichts dieser Erlebnisse gar nicht anders sein, als dass elektronische Geräte Gefühle und vielleicht sogar eine Seele haben (wobei ich immer gar nicht so recht weiß, was das eigentlich sein soll, aber das tut hier nichts zur Sache und soll uns an dieser Stelle gleichgültig sein).

Ja, dieses treue Gerät hat die traumatische Erfahrung machen müssen, von seinem ehemaligen Besitzer – nach vermutlich vielen wunderbaren Jahren der fruchtbaren Zusammenarbeit – getrennt worden zu sein; und diese seelischen Schmerzen (da haben wir wieder die Seele) möchte es nicht noch einmal erleiden, und so klammert es sich verzweifelt an mich.

Und es hat mich tatsächlich dazu gebracht, es lieb zu haben. Und wer weiß, vielleicht überlebe ich als biologische Maschine auf Kohlenstoffbasis alle diese Silizium-Heinis hier in meinem Haushalt – möglicherweise bis auf dieses eine, mir so treu ergebene, schwarze, glänzende und nicht kleinzukriegende, zähe Netbook. Ich habe Respekt vor ihm, ich achte es und – ja, wie schon gesagt – ich habe es tatsächlich liebgewonnen.

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