Mehl ins Getriebe

Analog

Ach, manchmal sehne ich mich in die Zeit der 1970er Jahre zurück. Kennt ihr die britische Fernsehserie »Life on Mars«, die zurzeit samstags abends in Deutschland ausgestrahlt wird? Der Held, Sam Tyler, wurde durch einen Autounfall ins Jahr 1973 zurückversetzt, und er kommt darauf nicht besonders gut klar.

Bei mir wäre das anders. Endlich wieder Schlaghosen tragen. Nicht doof angeglotzt werden, wenn man mal großmustrige Hemden und bunte Hosen trägt und auf hochhackigen Schuhen rumläuft. Klar, das war alles übertrieben damals, riesige Hemd- und Jacken-Krägen, wild gemusterte Tapeten und endlose Gitarrensoli. Schulterlange Haare und Blümchenmuster, auch bei den Jungs.

Aber wie dem auch sei, auf jeden Fall gab es das ganze digitale Zeug damals noch nicht. Die Welt war analog. Es gab Uhren mit Zeigern. Autos mit viel Mechanik und Elektrik, so dass in den Werkstätten noch richtig gebastelt und gefrickelt wurde – nix mit Notebook anschließen oder Platine austauschen. Ja, und es gab zehn verschiedene Ziffern statt nur noch 0 und 1.

Bei »1« fällt mir ein: es ist schon ein Uhr nachts. Ich geh ins Bett. Das ist meine Lieblingszeit, denn die 1 ist sowohl im dezimalen wie auch im binären Zahlensystem gleich: eben »1«. Das gibt mir eine gewisse innere Sicherheit.

Ars longa vita brevis

Ach ja, wenn man so wie ich den halben Tag im Bett liegt und döst und sinniert, dann fallen einem auch manchmal Sachen von früher aus der Schule ein. Zum Beispiel das Römische Reich und so. Also, diese alten Römer, die haben echt manchmal ziemlich melancholische Sprüche von sich gegeben. Zum Beispiel: Ars longa vita brevis – Die Kunst ist lang, das Leben kurz.

Hallo, geht‘s noch? Wieso soll denn das menschliche Leben kurz sein? Also, was soll denn da eine Eintagsfliege sagen? Da fällt mir der Witz ein: »Das Leben ist kurz«, sagte die Eintagsfliege und starb. Ja, und die kann noch nicht mal Kunst machen. Wie soll eine Fliege einen Pinsel halten, zum Beispiel? Oder eine Geige? Da sind wir Menschen besser dran.

Na schön, war jetzt so ein bisschen leichtfertig daher geredet. Ich krieg ja nun auch schon manchmal Panik ob der Kürze des Lebens, die Hälfte dürfte schon überschritten sein, in meinem Fall. Das ist ganz schön blöd. Ja, was soll man da machen? Sich der Kunst zuwenden, sagst du? Ha ha.

Okay, die Acrylfarben, die man heutzutage hat, sind haltbarer als die Erdfarben und was die Kunstmaler in vorigen Jahrhunderten so zur Verfügung hatten. Aber mein Leben wird durchs Malen trotzdem nicht verlängert, genauso wenig, wie mein Schwanz verlängert wird, wenn ich dran ziehe. Ja, doofer Vergleich, ist klar.

Also, was denn nun? In Trübsal verfallen? Nö, bringt ja nichts. Ich denke, das Sinnvollste ist, seine Zeit nicht mit Überflüssigkeiten zu vertrödeln. Alles, was man tut, bewusst tun. Etwas erschaffen, was vielleicht das eigene Leben überdauert, insofern ist malen denn doch wieder eine gute Sache. Andere Menschen zum Lachen bringen. Das Schöne auch in kleinen Dingen sehen.

So was in der Art. Vielleicht fällt dir ja noch mehr ein.

Reden ist schweigen, Silber ist Gold

Was macht Weblogs so beliebt? Das frage ich mich seit Jahren. Ich meine, hey, es gibt Kneipen, es gibt Telefon, es gibt im Schreibwarenladen jede Menge Papier, wo man seine Gedanken drauf schreiben und anschließend meinetwegen verschenken kann. Gedichte gar, wenn’s einem beliebt.

Wozu dann bloggen? Ah, wer hat denn schon was zu erzählen, das den Rest der Menschheit interessieren könnte? Achte doch mal drauf, bei jeder normalen Unterhaltung: Wie lang ist deine Redezeit? 15 Sekunden, oder wann quatscht dir einer dazwischen, der lieber sein eigenes Zeug loswerden will? Kurzum, jeder interessiert sich doch, wenn wir ehrlich sind, am meisten für sich selbst.

Ja, und was ist nun das Fazit daraus: Genau, wir bloggen für uns selbst. Wir malen ja auch für uns selbst oder schreiben Geschichten für uns selbst oder machen Kurzfilme für uns selbst. In der Hoffnung, dass wir das eine oder andere Lob bekommen. Wir wollen Gedankenballast abwerfen. Oder die Zeit totschlagen. Oder verstanden werden. Gelobt werden. Geliebt werden. So ist das.

Wenn’s trotzdem andere Menschen interessiert, was wir zu sagen haben, wenn es ihnen vielleicht irgendwie hilft, umso besser! Wenn sie für einen Moment lang etwas glücklicher sind, wenn sie von ihren Problemen mal kurz abgelenkt sind, gut! Wenn wir den Menschen etwas geben können und sie uns etwas zurück geben, wenn wir vielleicht gemeinsam lachen können – bestens!

Wir sind Menschen, und als solche sind wir soziale Wesen. Wir brauchen einander. So sind wir.

Deswegen bloggen wir.

Gammeln

»Im Bett mit Torsten«? – Ach, ich stelle mir schon Scharen von Weibern Frauen vor, die nur an das Eine denken. Aber Sex ist anstrengend, und ich will lieber gammeln statt rammeln. Ich strenge mich nun mal nicht gern an.

Tja, man ist nicht unbedingt beliebt, wenn man ein Gammler und Nichtsnutz ist. Weder bei den Frauen noch bei der Gesellschaft im allgemeinen. Man wird schief angeguckt, wenn man sich so gegen Mittag in der Bäckerei Frühstück holt und am Nachmittag das zweite Frühstück. Und wenn man einfach mal tagsüber durch den Park schlendert, dann schauen einen die Rentner an, als wollten sie sagen: Wir haben ein Leben lang gearbeitet, und du gammelndes Arschloch hängst rum, anstatt arbeiten zu gehen und mit deinen Sozialabgaben unsere Rente zu finanzieren.

Das geht mir dann sehr bald ziemlich auf den Sack, immer so verächtlich angeglotzt zu werden, na ja, und dann gehe ich halt wieder nach Hause, leg mich schön wieder ins Bett und denke: morgen, ja morgen schreibe ich wieder ein bisschen was in mein Weblog. Heute nicht mehr.

Subversiv?

Sollen wir alle zu subversiven Elementen werden, die die Welt zu verbessern suchen und die Gesellschaft auf den Kopf stellen wollen? Sollen wir gammeln statt zu arbeiten?

Ich glaube, nicht. Insofern ist auch dieser Blog hier nicht als ernsthafte Unterwanderung oder gar als Bemühung zur Zerstörung staatlicher Ordnung gemeint: nein, es handelt sich um Satire.

Dennoch denke ich mich in die Rolle hinein. Denn in der Fantasie kann man doch mal ein bisschen anders sein als im wirklichen Leben. Im Kopf ist schließlich alles erlaubt. Ich meine, hey, warum verkleiden sich Leute zu Fasching? Warum schaut man sich im Kino Filme an? Warum liest man dicke Bücher? Warum träumen Menschen überhaupt? – Genau, bei Fantasiewelten geht es um den zeitweiligen Ausbruch aus dem Alltag, um Entspannung,
ums Sammeln neuer Kräfte.

Und so ist auch dieser Blog zu verstehen. Will ich die Welt verändern? Nö. Was ich will, ist: einfach mal zwischendurch ein bisschen herumspinnen.