Mehl ins Getriebe

Null-Linie

2014-09-24 von Torsten in Kategorie Dinkel im Winkel

Ich bin so ziemlich kerngesund, bis auf eine leichte Unterfunktion der Schilddrüse, die sich aber durch Jodid-Tabletten ausgleichen lässt. Wenn diese Tabletten also irgendwann bewirken sollten, dass ich zu hundert Prozent leistungsfähig, frisch, wohlgemut und energiegeladen bin – ist es dann das, was ich eigentlich will?

Ist die Welt, oder besser gesagt, die Gesellschaft denn so schön, dass ich ein voll funktionierendes Teil derselben sein will? Will ich Teil des kranken Systems sein und durch Gesundheit und Leistungsfähigkeit das kranke System unterstützen? Will ich das wirklich?

Oder ist es nicht eher so, dass ich mich in Wirklichkeit zurückziehen möchte, in mich selbst zurückziehen? In der Vorstellung bin ich an medizinisch-technische Geräte angeschlossen, die meine Lebensfunktionen überwachen und visuell darstellen; und die Ausschläge meiner Herzfrequenzen werden immer niedriger, immer flacher. Ich steuere langsam auf die Null-Linie zu. Wäre das so schlimm? Denn ist es nicht in Wirklichkeit die Disintegration, die ich anstrebe, die Disfunktion? Fühle ich mich nicht als Außerirdischer unter all den verkorksten Menschen, scheiße ich nicht eigentlich auf die Gesellschaft?

Was kann ich denn mit den Menschen anfangen? Ja, es gibt einige, die ich sehr gerne mag. Es sind ziemlich viele, wenn ich es mir recht überlege. Sie halten mich am Leben. Ich liebe sie. Es ist wegen dieser Menschen, warum ich noch am Leben bin.

Vielleicht finde ich auch das Leben trotz aller Widrigkeiten so schön, dass ich süchtig danach bin. Die Natur, die Sonne, der Sommer, die Hitze, wie könnte ich das alles nicht so lange wie möglich auskosten wollen? Jetzt ist Herbst, aber ich bin schon ganz verrückt nach dem nächsten Frühling.

Und vielleicht ist das alles gut und schön und wichtig und richtig so. Und vielleicht sollte ich die trüben Gedanken einfach fahren lassen. Sollen sie sich doch zum Teufel scheren. Weißt du: sterben kann ich auch später noch.

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